„Gegen das Vergessen“ heißt das Motto der Gedenkveranstaltungsreihe in Nordrhein-Westfalen, die am 26. August 2017 mit einer Gedenkfeier der Ortsgruppe Gelsenkirchen der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland gestartet ist. Das Vorhaben hat der Gelsenkirchener Vorsitzende Dr. Alexander Morasch ins Leben gerufen, um an die in der Sowjetunion vom stalinistischen Regime verschleppten und ermordeten Familienangehörigen der russlanddeutschen Landsleute zu erinnern.
„Die Opfer der Deportation und der stalinistischen Diktatur sind unter uns“, sagte er in seiner Ansprache vor zahlreich erschienenen Gästen aus Politik, Kirchen, Vereinen und der breiten Öffentlichkeit der Stadt Gelsenkirchen. Die Landsmannschaft Gelsenkirchen organisierte diese Veranstaltung, um „Gegen das Vergessen“ aufzutreten. Denn: Die Gräueltaten des diktatorischen Regimes gerieten bei manchen Landsleuten immer mehr in Vergessenheit. Vor allem die junge Generation habe die stalinistisch-kommunistische Zeit und ihre Folgen in der Sowjetunion nicht mehr im Bewusstsein.
Das zu ändern und Aufklärungsarbeit „Gegen das Vergessen“ zu leisten, sei nicht nur der Titel einer Veranstaltungsreihe, sondern auch ein Hauptanliegen der Landsmannschaft, so Morasch. Die tragischen Schicksale von unzähligen Ermordeten und Verhungerten, vor Schwerstarbeit und Schwäche Verstorbenen sollten nicht vergessen werden – auch wenn sich ihre letzten Ruhestätten in den Weiten Sibiriens, Fernostens oder Nordens verlieren. Und so hatte die Gedenkveranstaltung auch zum Ziel, den Opfern der eigenen Familien, stellvertretend für viele andere bekannte und unbekannte Opfer, eine Stimme zu verleihen.
Bis jetzt stellen sich viele Russlanddeutsche Fragen um Fragen. Warum durfte mein Vater nicht leben? Er hat ja keine Schuld auf sich geladen. Verhaftet und innerhalb von einer Woche erschossen. Nie hatte die Familie die Möglichkeit, den Vater zu beerdigen. Auch über seinen Tod hatte man erst nach acht Jahrzehnten erfahren und nach langwierigem Briefwechsel mit den Behörden eine Rehabilitationsbescheinigung für den Vater erhalten – eine amtliche Bestätigung seiner Unschuld. Dieses Schicksal erzählte Lenhard Maierle, der auf der Krim geboren und 1941 hinter den Ural deportiert wurde. Sein Vater wurde dagegen bereits 1937 auf der Höhe der politischen Repressionen verhaftet und kurz darauf erschossen. Alles, was ihm vom Vater geblieben war, ist ein Foto aus der Zeit des Ersten Weltkrieges.
Auch viele andere Mitglieder der Ortsgruppe und Teilnehmer der Veranstaltung folgten dem Aufruf der Veranstalter, Porträtbilder ihrer Angehörigen, die in den 1930er und 1940er Jahren Opfer der stalinistischen Diktatur wurden, mitzubringen.
Pater Marek M. Czaplejewicz von der katholischen Gemeinde St. Mariä Himmelfahrt hielt eine bewegende Andacht in Erinnerung an die Verstorbenen und Ermordeten. Anschließend verlas Maria Titer die Totenehrung, wobei sie oft mit den Tränen kämpfen musste. Für die musikalische Umrahmung der Gedenkfeier sorgte Johannes Reider.
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Liebe Landsleute,
die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland in NRW, die VIRA e.V. und das Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte ist an Ihrer Geschichte interessiert! Im Zuge der stalinistischen Diktatur sind mehrere hunderttausend Russlanddeutsche deportiert oder getötet worden. Diese Geschichten sollen weiterleben – insbesondere in der derzeitigen Situation des Heimatverlusts als eine universelle Erfahrung.
Wir wollen den russlanddeutschen Opfern der stalinistischen Diktatur in der Sowjetunion Gesicht und Stimme verleihen. Dafür sammeln wir Fotos und Schicksale (Lebensgeschichten) der Opfer, die in Zusammenarbeit mit dem Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte Detmold in einer Ausstellung präsentiert werden.
Bitte schicken Sie uns Fotos von Ihren Angehörigen unter den folgenden E-Mail-Adressen zu: an Alexander Kühl (kuehl@lmr-nrw.com) oder an Alexander Morasch (morasch@gelsennet.de) zu
Per Post an folgende Adresse: Alexander Kühl, Lortzingstrasse 14, 41470 Neuss.
Fotos:
Die Opfer sind unter uns – Teilnehmer der Gedenkfeier in Gelsenkirchen mit Fotos ihrer Angehörigen, die in den 1930er und 1940er Jahren Opfer der stalinistischen Diktatur wurden.
Lenhard Maierle: Von seinem Vater ist ihm nur ein Foto aus dem Ersten Weltkrieg geblieben.
„Volk auf dem Weg“ – Info