Deutsche Heimatvertriebene, Aussiedler und Spätaussiedler engagieren sich auf vielfältige Art und Weise in Nordrhein-Westfalen. Um ihre Leistungen beim Wiederaufbau des Landes Nordrhein-Westfalen sowie ihre gelungene Integration zu würdigen und zugleich die Erinnerung an ihre Kultur und Geschichte wachzuhalten, lud der beim Ministerium für Kultur und Wissenschaft angesiedelte Landesbeirat für Vertriebenen-, Flüchtlings- und Spätaussiedlerfragen Vertreterinnen und Vertreter der Vertriebenen- und Spätaussiedlerverbände am 1. Februar 2019 in Düsseldorf zum „Tag der neuen Heimat“ ein.
„Für die über 2 Millionen deutschen Heimatvertriebenen, die während und nach dem 2. Weltkrieg in das heutige Land Nordrhein-Westfalen gekommen sind, sowie für die über 700.000 Aussiedler und Spätaussiedler, davon viele aus der ehemaligen Sowjetunion, aus Rumänien und Polen, ist das 1946 gegründete Land Nordrhein-Westfalen ihre neue Heimat geworden und deshalb ist es gut, im Rahmen einer solchen Festveranstaltung daran zu erinnern und Dank zu sagen!“, so Klaus Bösche, Abteilungsleiter im Ministerium für Kultur und Wissenschaft, der in Vertretung des Parlamentarischen Staatssekretärs Klaus Kaiser die Festveranstaltung eröffnete.
Heiko Hendriks, Vorsitzender des Landesbeirats, machte in seiner Ansprache vor über einhundert geladenen Gästen deutlich, „dass es ein stetiger Auftrag von Politik und Gesellschaft ist, an die geschichtlichen Fakten rund um die Vertreibung und die Aussiedlung deutscher und deutschstämmiger Frauen und Männer zu erinnern!“
Der vor einhundert Jahren unterzeichnete Versailler Vertrag war Thema des Historikers Prof. Dr. Winfrid Halder, Direktor des Gerhart-Hauptmann-Hauses in Düsseldorf. Unter der Überschrift „Versailles und wir – Zur Aktualität eines 100 Jahre alten Vertrages“ legte er u.a. dar, welche Auswirkungen dieser Vertrag auf die Geschichte Deutschlands und Europas hatte und hat.
In einer anschließenden Talkrunde unter Moderation von Heiko Hendriks wurde die Frage diskutiert, wie die Vermittlung deutscher Geschichte im europäischen Kontext an die nachfolgende Generation erfolgreich gelingen kann.
Magdalena Oxfort, Kulturreferentin für Westpreußen, Posener Land und Mittelpolen am Westpreußischen Landesmuseum in Warendorf berichtete, dass sie seit Jahren mit Schulen in Deutschland und in NRW auch mit deren Partnerschulen und Organisationen in Polen zusammenarbeite. Studienreisen, Vorträge zur Geschichte, Dia-Vorträge oder Zeitzeugengespräche sind die Wege der Geschichtsvermittlung, auf die sie als Kulturreferentin Westpreußen seit vielen Jahren sehr erfolgreich setzt.
Silke Findeisen, Projektleiterin und Kuratorin am Haus Schlesien in Königswinter, berichtete von den erfolgreichen Seminaren mit polnischen Studenten und den Schülerprogrammen. Haus Schlesien vermittele zudem Zeitzeugen an Schulen; die Gespräche mit ihnen sind für die Schüler immer sehr beeindruckend. Schüler und Schülerinnen, Studenten und Studentinnen nutzen zudem die umfangreiche hauseigene Bibliothek und den unkomplizierten Zugang zur Vorbereitung von Facharbeiten.
Esther Beucker, Lehrerin für Geschichte und Kunst am Cecilien-Gymnasium in Düsseldorf-Niederkassel, bringt Schüler durch „die Hintertür“ dazu, sich mit geschichtlichen Themen auseinanderzusetzen: Die Schüler, die sich vor allem für das freie Gestalten und Arbeiten interessieren, können bei Esther Beucker zunächst lernen, dass die Grundlage für künstlerisches Schaffen eine ausgiebige Recherche ist. So hat sich eine Schülergruppe mit Flucht und Vertreibung beschäftigt, um ein Kriegsbild nach dem Vorbild von Otto Dix zu gestalten. Derzeit arbeitet eine Schülergruppe am Projekt „Wie viele Heimaten braucht der Mensch?“; Schüler entwerfen Animationsfilme zum Thema „Heimat“ und beschäftigen sich mit „alter“ und mit „neuer“ Heimat. Esther Beucker bedauerte, dass es im Unterricht häufig nur wenig Zeit gibt, sich mit dem Thema „Flucht, Vertreibung und Aussiedlung“ zu befassen.
Edwin Warkentin, Kulturreferent für Russlanddeutsche am Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte in Detmold, berichtete, dass die breitenwirksame Vermittlung von Kultur und Geschichte der Russlanddeutschen in verschiedenen Formaten sowie ein generationsübergreifender Dialog mit der Erlebnisgeneration, in den Bereichen Jugend- und Erwachsenenbildung und Wissenstransfer an Multiplikatoren in der Bundesrepublik Deutschland Schwerpunkt seiner Arbeit sei. Der Fokus liege derzeit auf Projekten mit diversen Jugendorganisationen und Trägern der Jugendarbeit.
Der „Tag der neuen Heimat“ wurde 2006 vom Landesbeirat für Vertriebenen-, Flüchtlings- und Spätaussiedlerfragen ins Leben gerufen. Der diesjährige „Tag der neuen Heimat“ wurde musikalisch begleitet von dem Akkordeonspieler Andreas Gutmann und von dem Chor „Heimatklänge“ des Gesangsvereins Melodie 2004 Hamm e.V.!
Abteilungsleiter im MKW, Klaus Bösche eröffnete in Vertretung des Parlamentarischen Staatssekretärs Klaus Kaiser die Festveranstaltung.
Foto: Roland Zerwinski
Landesvertriebenen- und Spätaussiedlerbeauftragter Heiko Hendriks bei seiner Ansprache.
Foto: Roland Zerwinski
Prof. Dr. Winfrid Halder referierte zum Thema „Versailles und wir – Zur Aktualität eines 100 Jahre alten Vertrages“
Foto: Roland Zerwinski
Teilnehmer der Talkrunde: v.l.n.r. Esther Beucker, Magdalena Oxfort, Heiko Hendriks, Silke Findeisen, Edwin Warkentin
Foto: Roland Zerwinski
Der Chor „Heimatklänge“ des Gesangsvereins Melodie 2004 Hamm e.V. begleitete den Abend musikalisch.
Foto: Roland Zerwinski
Die Referentinnen und Referenten des Abends (v.l.n.r. Klaus Bösche, Prof. Dr. Winfrid Halder, Esther Beucker, Magdalena Oxfort, Heiko Hendriks, Silke Findeisen, Edwin Warkentin) zusammen mit dem Akkordeonspieler Andreas Gutmann und einer Vertreterin des Chores Heimatklänge.
Foto: Roland Zerwinski